Wird Stress zu einer Dauererscheinung, kommt es zur Erschöpfung und die Leistungskraft lässt nach. Bluthochdruck, erhöhter Blutzuckerspiegel, Schlafstörungen, beschleunigte Alterung, usw.. Cortisol hat eine dämpfende Wirkung auf das Immunsystem und macht uns anfälliger für Krankheiten.
Und es kommt noch schlimmer: es verhindert die Ausschüttung von Oxytocin, d.h. es macht uns egoistisch, unfähig zu kooperieren, anderen zu helfen oder andere um Hilfe zu bitten. Das ist auf Dauer destruktiv. Nicht nur für das Unternehmen sondern für unsere Gesundheit.

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Bereit zu Flucht oder Kampf durch Cortisol

Das Stresshormon Cortisol wird bei Stress und drohender Gefahr ausgeschüttet. Der Grund: Energiereserven des Körpers freisetzen – als Vorbereitung auf eine bevorstehende Flucht oder einen Kampf. Die körperliche Leistungskraft wird gesteigert und wir sind in Alarmbereitschaft.

Cortisol ist das Hormon der Angst

Die Natur meint es nur gut mit uns und vor allem möchte sie eines: dass wir überleben. Bei drohender Gefahr ist Cortisol unser Alarmsystem. Wenn wir nachts bei einem Geräusch aufschrecken, wird sofort Cortisol ausgeschüttet und wir sind hellwach und leistungsfähig. Dann schauen wir nach und wenn da nichts war, was machen wir? Puhhhh, wir atmen aus und das Cortisol verlässt unser System. Und das ist gut so.
Diese fast instinktive Reaktion auf Gefahr, können wir auch in der Tierwelt beobachten: Eine Herde von Gazellen grast gemütlich vor sich hin. Plötzlich hört eine ein Rascheln im Gebüsch und schreckt hoch. Cortisol wird ausgeschüttet als Vorbereitung für Flucht oder Kampf. Die Muskeln werden angespannt und alle Energie fließt in die körperliche Bereitschaft sich der Gefahr zu stellen oder zu flüchten.

Das Immunsystem wird deaktiviert

Irgendwoher muss ja diese Energie kommen, also wird alles abgeschaltet, was unnötig ist: das Immunsystem wird heruntergefahren, Wachstum angehalten. Wenn ich kurz vor einer unmittelbaren Gefahr stehe, müssen meine Fingernägel nicht zwingend wachsen. Alles, was mir bei Flucht oder Kampf also nicht hilft, wird quasi deaktiviert.

Stress ist instinktiv ansteckend

Und wenn diese eine Gazelle hochschreckt, schrecken plötzlich alle Gazellen hoch. Cortisol-Ausschüttungen werden von anderen wahrgenommen und erkannt. Damit hält nicht nur eine Gazelle Ausschau nach der Gefahr sondern alle. Und sobald irgendeine Gazelle den Löwen sieht, bekommt diese einen Adrenalin-Kick und rennt los – und alle rennen los. Ein gutes System für das Überleben.

Wie der Stress in der Arbeitswelt anstieg

Wir arbeiten immer schneller, immer mehr und wenn ich mich zurück erinnere: Ende 90er liefen die Uhren irgendwie langsamer. Einverstanden – damals wurden Zeichnungen noch von Hand gemalt und Korrekturen gekratzt. Und ja: Die Hauspost war sogar langsamer als die Deutsche Post. Es hat alles etwas länger gedauert, aber ich hatte mehr Zeit, mich mit meinen Kollegen auszutauschen.
In meinem Rückblick würde ich drei Blöcke definieren:

  1. Mehr Arbeit
  2. Noch mehr Arbeit – aber anders
  3. Zahlen vor Menschen

1. Mehr Arbeit

Ich erinnere mich gut an die 90er, geschüttelt von einer kleinen (aus heutiger Sicht) Krise und Einstellungsstopp in vielen Firmen. Es gab zum Teil auch Entlassungen, was wiederum meine Generation betraf – die Jüngsten der Arbeitswelt. Der dann beginnende Boom der Wirtschaft war bereits Ende der 90er zu spüren und gepaart mit dem Mangel an Mitarbeitern stieg die Arbeitsbelastung für den Einzelnen. Aber das war kein Stress, das war elektrisierend und wir haben alle zusammen angepackt und geackert.

2. Noch mehr Arbeit – aber anders

In den Jahren 2000-2005 veränderte sich für mich etwas Grundlegendes: ich spürte zwar immer noch die Motivation die viele Arbeit zu bewältigen, aber es begann eine Lähmung. Die sich immer mehr aufplusternden Controlling-Bereiche führten zu einer Beschneidung der Entscheidungsgewalt in den Fachbereichen. Wir hatten alle immer noch mehr zu tun, durften aber weniger entscheiden.

3. Zahlen vor Menschen

Die Entwicklung, dass Desinteressierte Dritte (zu denen folgt bald ein ausführlicher Blog) wichtiger sind, als die eigenen Mitarbeiter, begann aus meiner Sicht im Deutschen Mittelstand um 2005. Abhängig von den Führungspersönlichkeiten lief dieser Prozess schneller oder langsamer ab. Für mich ein unmögliches Arbeitsumfeld, wenn Menschen für Zahlen geopfert werden im Gegensatz zur echten Führung mit Serotonin.

 

Überleben im Job?

Da habe ich einen Tipp für euch: Ducken, wenn die Sense über die Köpfe der Mitarbeiter rast. Leider reicht das nicht aus, denn unsere Gesundheit steht trotzdem auf dem Spiel. Wenn wir Stress empfinden, kann das unterschiedliche Gründe haben: zu viel Arbeit, schlechtes Klima, ungerechter Chef oder andere drohende Gefahren wie Stellenabbau. Und Stress empfindet jeder unterschiedlich. Was für den einen Stress ist, beflügelt den andern.
Ich habe den Stress gespürt und mein Cortisolspiegel war täglich am Anschlag. Bei mir sind die maßgeblichen Auslöser: Ungerechtigkeit, Egoismus, destruktive Machtspielchen und grundlose Sparmaßnahmen. Warum das so ist, habe ich erst viel später herausgefunden, als mir klar wurde, wie ich ticke.

Das Umfeld entscheidet über den Stresslevel

Und für das Umfeld ist die Führung verantwortlich: angefangen beim Firmenchef (CEO, GF, …) bis zum Abteilungsleiter. Sie bestimmen, ob wir uns sicher fühlen oder nicht. Wenn wir uns nicht sicher fühlen, leben wir in Angst und haben permanent zu viel Cortisol im Körper.

Die Führung bestimmt das Umfeld und auch ob ich das Gefühl habe, dass mein Job sicher ist. 

Wenn jemand erzählt, dass es schlecht läuft und vielleicht Mitarbeiter entlassen werden, erschrecken wir und Cortisol wird ausgeschüttet. Und bei allen Kollegen das gleiche. Angst und Paranoia steigen. „Mein Chef kann mich nicht leiden.“ Stress. Ziele, die nicht zu erreichen sind. Stress. Kein Lob – nur Kritik. Stress. Wir fühlen uns nicht sicher.
Aber genau das ist die Aufgabe einer Führungskraft: ein Arbeitsumfeld in dem wir uns sicher fühlen. In dem die Glückshormone Serotonin und Oxytocin fließen anstatt dem Stresshormon Cortisol.

 

Zusammenfassung

Warum sehen wir eine steigende Anzahl an Medikamenten-Missbrauch, Depressionen und Burn-out? Geht ihr gerne zur Arbeit? Und wenn ihr nach Hause kommt, fühlt ihr euch erfüllt? Bei mir war das nicht so. Ich war ausgelaugt, fertig und fühlte mich ohnmächtig und wütend. Meine Überzeugung und meine ethischen Werte waren nicht mehr vereinbar mit dem, was ich jeden Tag machen sollte.
Das ganze Streben nach Macht und Geld und noch mehr Macht, führt dazu, dass Kooperation eliminiert wird. Wettbewerb im eigenen Haus. Angst und Paranoia machen sich breit und man schaut nur noch nach sich. Ängstliche Mitarbeiter versuchen sich abzusichern, sammeln Beweise für ihre Leistung und sind alles andere als Produktiv. Echte Kooperation, die auf einem Umfeld des Vertrauens basiert, das durch die Ausschüttung von Serotonin & Oxytocin geschaffen wird, findet nicht statt. Als Folge fehlt die Grundlage für Innovation.
Was also ist die Lösung?
Seid die Führungskräfte, die ihr selbst gerne hättet.
Unterstützt euch gegenseitig und verwehrt euch gegen unethisches Verhalten.
Ich will keinesfalls zu einer Revolution aufrufen – aber wehrt euch gegen unmenschliches Verhalten. Denn vergesst eines nicht: die Macht liegt bei Euch! Ihr seid viele. Erinnert das Management daran, was Recht und Unrecht ist.