Im Blog „Bedürfnisse, die Quelle der Motivation“ habe ich Euch die Stufe 5 der Selbstverwirklichung unterschlagen. Wenn du jetzt denkst, dass du die ersten vier Stufen der Maslowschen Bedürfnispyramide schon erklommen hast, dann fragst du dich sicher: wie geht jetzt das mit der Selbstverwirklichung?
Was sind denn die Bedürfnisse, die auf Stufe 5 befriedigt werden, um das Ziel der Selbstverwirklichung zu erreichen? Die Antwort:  Selbstverwirklichung bedeutet, dass du psychologisch erfolgreich bist. Um es mit den Worten von Berne zu sagen: Du bist ein Winner-Typ.

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Der Winner-Typ

Ein psychologisch erfolgreicher Mensch ist ein Winner. Das Pendant dazu folglich der Loser. Mir persönlich gefällt die Bezeichnung Winner-Loser von Dr. Eric Berne zwar nicht – aber sie beschreibt sehr gut, was ich an psychologischem Erfolg noch nicht „gewonnen“ habe. Also genau die Bereiche, in denen ich noch Defizite habe – meine Bedürfnisse noch nicht erfüllt habe.

Maslow Motivation

Prof. A. H. Maslow stellte zwei Dinge fest:

  1. Die Stufen der Bedürfnispyramide bauen aufeinander auf
  2. Defizite in Stufe x, steigern die Anforderungen in Stufe x+1

Bedürfnisse bauen aufeinander auf

In den unteren Stufen ist diese Behauptung am Leichtesten zu erklären. Wenn existenzielle Bedürfnisse der ersten Stufe nicht erfüllt sind, haben die Bedürfnisse der nächsten Stufen eher keine Bedeutung. Wenn du am Verdursten bist, würdest du vermutlich eher die Flasche Wasser wählen als das Bett für die Nacht, oder?

Überspringen steigert die Anforderungen

Wir alle haben Defizite in den ersten vier Stufen, die wir teilweise durch zwanghaftes Einfordern der Stufe 4 (Anerkennung) wett machen wollen. Du kennst bestimmt auch den Typ „Angeber“ – jeder kennt einen. Das ist derjenige, der von seinen Heldentaten spricht und immer nach Anerkennung sucht. Mithilfe seines Verhaltens zeigt er eine überhöhte Anforderung in der Stufe 4 und möchte Anerkennung.
Erklärbar ist dies durch ein Defizit in Stufe 2 (Sicherheit) und 3 (Zugehörigkeit). Diese beiden Stufen fasst Maslow zusammen im Begriff  Liebe – also die innere Sicherheit. Was dieser Angeber folglich versucht, ist ein Defizit an Liebe durch erhöhten Bedarf an Anerkennung zu kompensieren.

Das funktioniert nur leider nicht.

In der Konsequenz bedeutet das: ich kann mich erst um die nächste Stufe oder sogar die Selbstverwirklichung kümmern, wenn mein menschliches Überleben abgesichert ist. Vorher habe ich doch gar keinen Kopf dafür. Und mit Überleben ist nicht nur Essen und Trinken gemeint. Davon haben wir doch genug. Ohne Liebe funktionieren wir nicht richtig, weil wir soziale Wesen sind, die Liebe brauchen.
Aber bei den Stufen geht es ja nicht immer um 100% Zielerreichung sondern um spezifische Bereiche. Sicherlich kümmerst du dich in bestimmten Aspekten deines Lebens um die Selbstverwirklichung – in anderen dagegen, bist du nicht zufrieden damit, wie es läuft. Welche Bereiche das sind, bzw, wie die jeweiligen Aussagen dazu heissen, siehst du in der Checkliste unten. Sie hilft dir, deine Standortbestimmung vorzunehmen.

Winner-Loser-Standortbestimmung

Schau dir die Checkliste von Dr. Eric Berne an und finde heraus, in welchen Punkten du dich schon um deine Selbstverwirklichung (Stufe 5) kümmerst. Wo auch immer du auf der Seite der Loser-Antworten ankreuzt, weisst du, dass du dich in diesen Punkten um die Bedürfnisse der ersten vier Stufen der Maslowschen Bedürfnispyramide bemühen solltest.

Es gibt niemanden, der alle Winner-Antworten ankreuzen kann.

Es gibt keinen perfekten Menschen

Wichtig sind zwei Dinge:

  1. Wie weit bist du auf dem Weg zu deiner Selbstverwirklichung.
  2. Was sind die Bereiche, an denen du arbeiten kannst.

Checkliste nach Dr. Eric Berne

 

Winner

Loser

☐ Ich mag mich.☐ Ich mag mich nicht.
☐ Komme gut mit anderen aus.☐ Habe Angst vor anderen.
☐ Man kann mir vertrauen.☐ Man kann mir nicht vertrauen.
☐ Ich bin, wie ich bin.☐ Ich spiele meine Rolle, trage meine Maske gut.
☐ Im Großen und Ganzen, sage ich das Richtige.☐ Ich sage immer das Falsche.
☐ Andere mögen mich.☐ Andere verletzen mich häufig.
☐ Ich sehe die Zukunft gelassen.☐ Habe Angst vor der Zukunft.
☐ Gebrauche meine Talente.☐ Kann meine Talente nicht nutzen.
☐ Ich bin OK.☐ Ich bin nicht OK.
☐ Kenne meine Gefühle.☐ Unterdrücke und verstecke meine Gefühle.
☐ Ich denke für mich selbst.☐ Lasse andere für mich denken.
☐ Fühle mich frei.☐ Fühle mich bedrängt und gefangen.
☐ Im allgemeinen sind die anderen OK.☐ Im allgemeinen sind die anderen nicht OK.
☐ Nutze meine Zeit.☐ Habe oft Langeweile.
☐ Bin mit meiner Arbeit zufrieden.☐ Wechsle ständig den Job.
☐ Habe Selbstvertrauen.☐ Habe kein Selbstvertrauen.
☐ Bin gerne mit anderen zusammen.☐ Kann andere nicht ausstehen.
☐ Bin gerne Mann/Frau.☐ Möchte lieber zum anderen Geschlecht gehören.
☐ Das Leben erfreut mich.☐ Das Leben belastet mich nur.
☐ Arbeite gerne.☐ Hasse die Arbeit.
☐ Tue meistens das Richtige.☐ Ich mache immer alles falsch.
☐ Suche die Ursache, wenn was schiefgegangen ist.☐ Immer beschuldigen alle mich!

Und jetzt?

Du hast ein paar Aussagen auf der Loser-Seite für dich identifiziert und fragst dich: was Jetzt? Nun, das ist genau der schwierige Part: Wie findest du heraus, wo genau deine Bedürfnisse nicht befriedigt sind auf den Stufen 1-4? Das ist deshalb so schwierig, weil wir das oft selbst gar nicht wissen oder erkennen. Vielleicht liegt die Information sogar in unserem blinden Fleck. Andere sehen oder wissen es, aber du nicht.
Es gibt zwei Möglichkeiten, die Ursachen herauszufinden:

  • Mithilfe anderer: Du fragst Vertraute um Feedback oder machst ein persönliches Coaching.
  • Selbstbeobachtung: Du versuchst die Ursachen selbst herauszufinden anhand von wiederkehrenden Verhaltensmustern.

Immer wieder die gleiche Situation

Was auch immer dir missfällt in deinem Leben, du wirst bei einem Wechsel immer wieder in die gleiche Falle tappen. Natürlich kannst du die Jobs wechseln oder deine Partner weil du der Meinung bist, dass die Welt um dich herum nicht OK ist. Was du aber immer mit nimmst, bist du selbst. Solange du nicht an dir arbeitest, wird sich deine Situation nicht verändern.
Auch ich habe meine persönlichen Fallen, auf die ich mit Zielsicherheit zulaufe und immer wieder den gleichen Fehler mache. Das wäre in der Loser-Liste dann die Aussage „Lasse andere für mich denken“ und meine unbefriedigten Bedürfnisse sind meist folgende:

  1. Ich möchte anderen helfen in der Hoffnung auf Liebe und kann ganz schwer nein sagen.
  2. Ich bin ein ungeduldiger Perfektionist, denke aber gleichzeitig, dass ich nicht gut genug bin.

Daran zu arbeiten ist mein täglicher Kampf und kostet Überwindung. Mit viel Arbeit und Geduld (so gar nicht meine Stärke) versuche ich die ersten Anzeichen zu erkennen und dagegen zu steuern. Ich sag’s dir: das dauert.

Selbstverwirklichung per Checkliste?

Es gibt nicht die Anleitung zur Selbstverwirklichung, auch keine Abkürzung mit einer Checkliste. Warum das Thema der Selbstverwirklichung so komplex ist, liegt daran, dass es um die Veränderung von einem selbst geht. Das sind Ängste, die über Jahre aufgebaut und gepflegt wurden, oder auch Gewohnheiten, die uns heute ausmachen. Teilweise nicht mal bewusst und manchmal verleugnet.
Jeder von uns kann sich ändern und mithilfe von anderen (Familie, Freunde) auf die Reise der Selbstverwirklichung machen. Und ja, das wäre mein erster Tipp an dich: ein Coaching kann dir helfen, wenn du selbst keine Erklärung findest. Komm gerne auf mich zu für ein unverbindliches Erstgespräch.
Mir gefällt die Beschreibung „psychologisch erfolgreicher Mensch“ – wer wäre das nicht gerne. Das ist nämlich der rundum zufriedene Mensch, der glücklich durchs Leben flaniert.