Die meisten von uns verhalten sich wie Wasser oder Strom: wir gehen den Weg des geringsten Widerstandes. Wir tendieren zur Bequemlichkeit. Die wenigsten Menschen bringen ihre maximale Leistung und Performance – einfach so – eigenmotiviert. Darum brauchen wir das richtige Maß an Führung, Regeln, Zielen und Organisation.

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Mehr Druck bringt mehr Leistung

Bereits 1908 haben Robert Yerkes und John D. Dodson (Journal, 1 MB, Englisch) festgestellt, dass es einen Zusammenhang von Erregung und Leistung gibt. Erregung oder auch Aktivierung steht übersetzt in unsere Arbeitswelt für alle Maßnahmen, zur Leistungssteigerung:

Zuckerbrot und Peitsche

Mit diesen beiden Prinzipien arbeitet der Großteil der Arbeitswelt. Erreiche das Umsatzziel und du bekommst einen Bonus. Wenn du dies oder das nicht machst, hast du ein Problem. Es wird entweder mit Zuckerbrot (Geld, Bonus, Status) gelockt oder mit der Peitsche (Druck, Sanktionen, Drohungen) gearbeitet. Alles, um mehr Produktivität und Leistung aus dir zu bringen.

Veraltete und nicht zukunftsfähige Theorie

Zugegeben: ganz falsch sind diese beiden Prinzipien nicht. Sie stimmen allerdings nur für eine Arbeitswelt, die immer mehr verschwindet. Denk an deine Aufgaben, die du heute zu lösen hast. Das sind keine einfachen, eindimensionalen Dinge mehr.

Über alle Bereiche hinweg ist der Anspruch an die tägliche Arbeit und deren Aufgaben gestiegen.
Und was die Wissenschaft bereits Anfang des letzten Jahrhunderts bewiesen hat, scheinen die meisten Unternehmen bis heute zu ignorieren. Immer noch gilt die weit verbreitete Meinung:
Mehr Geld = mehr Leistung
Mehr Druck = mehr Leistung
In dieser Welt befinden wir uns schon lange nicht mehr – und keiner scheint dies zu merken.
Test 1

Wir arbeiten nicht mehr eindimensional

Die einfachen Arbeiten wurden in den letzten Jahrzehnten weitestgehend automatisiert. Das bedeutet, dass die Mehrzahl der Aufgaben in den Unternehmen alles andere als trivial sind. Wir brauchen kreative Ideen, neue Lösungen und Innovationen.
Es gibt zig Studien, die belegen, dass auch mehr Geld nicht zu mehr Leistung führt. Im Gegenteil! Studien von Dan Ariely (MIT), Uri Gneezy (University of Chicago), George Loewenstein (Carnegie Mellon University), Nina Mazar (MIT) in 2001 und die Studie von Dr. Irlenbusch (London School of Economics and Political Science) in 2009 zeigen genau das Gegenteil.

Wie also erreichen wir ein Maximum an Leistung und Produktivität in der heutigen Arbeitswelt?

 

Der schmale Grat zwischen Boreout und Burnout

Die Yerkes-Dodson-Kurve zeigt auf, wie die Aktivierung (Druck, Stress, Bonus) anfangs zu einer Steigerung der Leistung führen, dann aber stark abfallen.

Zu viel und zu wenig ist ungesund

Falsche Führung macht uns krank: entweder aus Langeweile oder wegen zu großem Stress.

Boreout macht ebenso krank

Boreout (vom Englischen to be bored = gelangweilt sein) ist das Gegenteil von Burnout. Nicht zu verwechseln mit Faulheit. Von Boreout Betroffene sind nicht faul, sondern faul gemacht durch das Unternehmen. Die Symptome sind: Unterforderung, Langeweile und Desinteresse.

  • Unterforderung: Du hast das Gefühl, dass du mehr leisten könntest, darfst es aber nicht.
  • Langeweile: Du bist lustlos und weisst nicht, was du machen sollst.
  • Desinteresse: Du hast kein Interesse und fühlst keine Identifikation mit deiner Arbeit oder dem Unternehmen.

Peter Werder und Philippe Rothlin beschrieben dieses Phänomen zum ersten Mal in 2007 (Unterfordert: Diagnose Boreout – Wenn Langeweile krank macht). Von Boreout betroffene Menschen haben langfristig angelegte Verhaltensstrategien, um bei der Arbeit ausgelastet zu wirken und sich Arbeit vom Leibe zu halten.

Burnout – die Depression der Neuzeit

Ich kenne die ersten Anzeichen dieser Überlastung und vielleicht du auch. Und eines ist sicher: jeder von uns kennt mindestens eine Person, die dem Burnout erlegen ist oder war.
Die Gefühle von permanenter Überforderung oder beginnender Vergesslichkeit müssen nicht gleich in einem Burnout münden. Aber diese ersten Vorboten sind absolut ernst zu nehmen. Der nächste Schritt ist nämlich, dass dein Körper dir eine Zwangspause verordnet.

Der Punkt der maximalen Leistung & Performance

Wie kommen wir jetzt genau an diesen Scheitelpunkt der Leistungskurve? Der Zustand, den die Wissenschaft als Flow (vom Glücksforscher Mihály Csíkszentmihályi) bezeichnet. In diesem Zustand fühlen wir uns wie in einem Rausch. Glücksgefühle strömen, wir sind hochkonzentriert, unglaublich motiviert und gehen voll in unserer Aufgabe auf. Und das beste für das Unternehmen ist: In dieser Phase bringen wir die maximalen Leistung und Performance!
Es gibt zwei Arten von Motivation und auch Stress: von aussen (extrinsisch) oder von innen (intrinsisch). Der Distress (von aussen) ist negativ für unser Wohlbefinden und lässt uns krank werden. Wohingegen der Eustress (von innen) ein Antrieb ist, der uns sogar beflügelt.
Um diese Phase der intrinsischen Motivation zu erreichen sind drei Dinge notwendig:

  1. Sinnhaftigkeit
  2. Eigene Verbesserung
  3. Autonomie

Unsere Arbeit braucht einen Sinn

Wenn du nicht weisst, warum du etwas machst und auch keinen Sinn darin erkennst, sinkt deine Motivation. Wir möchten verstehen, wohin die Reise geht, warum wir machen, was wir machen. Warum soll ich schneller springen, wenn ich nicht weiss, wo genau die Ziellinie ist?
Die Führung hat die Aufgabe, uns diesen Sinn, dieses Ziel und das Warum aufzuzeigen.

Wir wollen uns verbessern und etwas lernen

Aufgaben, die uns angemessen fordern, machen Spass. Wir wollen lernen, uns verbessern und weiter entwickeln. Das liegt in unserer Natur und beginnt schon in Kinderjahren. Wichtig hierbei ist, dass die Führung angemessene Aufgaben für die jeweilige Person bestimmt. Es würde ja auch niemand auf die Idee kommen, einem Kind das Fahrradfahren beizubringen, bevor es laufen kann.

Erwachsene sind selbständig und sollten auch so behandelt werden

Eine gute Führungskraft vertraut seinen Mitarbeitern. Und zwar von Anfang an. Und in Verbindung mit einer anspruchsvollen Aufgabe sprechen wir nicht nur von Vertrauen sondern von Zutrauen. Damit verbunden sind die notwendigen Spielräume für Entscheidungen.
Wenn dein Chef dir ein Projekt oder eine Aufgabe überträgt, sollten dazu passende Kompetenzen übertragen werden. Wenn du wegen jeder Kleinigkeit eine Genehmigung oder Unterschrift brauchst, lähmt das nicht nur das Vorankommen sondern auch deine Motivation.

Zusammenfassung

Jede effektive Führung braucht ein Ziel. Das Ziel des Unternehmens oder das Ziel der Abteilung. Menschen brauchen einen Grund, warum sie machen, was sie machen. Ansonsten ist die Arbeit praktisch sinnlos – in der wörtlichen Bedeutung.
Bezogen auf Menschen ist die richtige Führung nicht pauschal, denn jeder Mitarbeiter ist unterschiedlich. Meine Aufgabe als Führungskraft ist also, für jeden Einzelnen das passende Paket an Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten zu schnüren. Die wichtigste Voraussetzung hierbei ist der Vertrauensvorschuss: ich traue dir das zu und vertraue dir.
Logische Schlussfolgerung ist, dass ich als Chef die Entscheidungsgewalt und damit die Kompetenzen vorab weiter gebe. Und auf dem Weg des Projekts unterstütze, um eventuelle Fähigkeiten aufzubauen oder zu unterstützen. Das ist der wesentlich schnellere Weg als der „beweise erst einmal, dass du das kannst, dann sehen wir weiter“-Ansatz. Sich beweisen zu müssen bedeutet, dass am Anfang kein Vertrauen steht.

Die Autonomie der Mitarbeiter formt erfolgreiche Unternehmen

Je mehr Freiheiten ich meinen Mitarbeitern gebe, umso mehr Produktivität und Erfolg resultiert daraus. Das Misstrauen, dass Menschen verschwenderisch mit Firmengeldern oder geschäftsschädigend mit Arbeitszeiten umgehen, ist ein Vorurteil. Das beweisen Untersuchungen in Firmen, die das Stempeln abgeschafft haben. Die Mitarbeiter arbeiten freiwillig mehr – zugegeben: Schwarze Schafe gibt es überall. Aber dieser Anteil liegt bei 3-5%!
Die Geschichte der Online Enzyklopädie beweist, dass Freiheit zu Erfolg führt. Microsoft startete 1993 das Projekt Encarta – eine elektronische, multimediale Enzyklopädie. Das Projekt war ausgestattet mit allem, was ein erfolgreiches Projekt und modernes Unternehmen aufzubieten hat: Top Manager, Projektpläne mit Budgets und Terminen, Bonusprogramme und viele Vergünstigungen für das Erreichen der Ziele.
2009 wurde das Projekt Encarta beendet. Die 2001 geborene Idee von Jimmy Wales (wikipedia) revolutionierte das Konzept der Online Enzyklopädie. Er startete mit einer freien und für alle zugänglichen Basis und sein Business Konzept war: Mach mit, wenn du Lust hast.